Sitzung: 12.09.2019 Rat
Beschluss: Abstimmungsergebnis: einstimmig beschlossen
Darlegung des Sachverhalts:
Mit Datum vom 20.03.2018 (Aufsichtsrat) und 22.03.2018
(Gesellschafterversammlung) wurde die Geschäftsführung der Wirtschaftsbetriebe
GmbH (WBS) ermächtigt, Darlehen zum Zwecke der Wohnbauentwicklung i.H.v. insgesamt bis zu 8,0 Mio Euro
aufzunehmen. Gem. des geplanten zeitlichen Ablaufes besteht aktuell ein
Kreditbedarf i.H.v. 3,0 Mio Euro. Nach Auswertung der abgefragten und
eingegangenen Darlehensangebote soll das Darlehen bei der Volksbank Süd-Emsland
eG aufgenommen werden. Je nach weiterem Fortschritt der Planungen und des
Verkaufes von Baugrundstücken soll das Darlehen spätestens ab dem 01.01.2020 in
Anspruch genommen werden. Ein erstes Darlehen (ebenfalls bei der Voba) i.H.v.
3,7 Mio € wurde bereits in Anspruch genommen.
In der Wirtschaftsplanung der WBS 2020 sind diese Werte als
Darlehensaufnahme inkl. Zins –und Tilgungsleistungen zu berücksichtigen.
Um den WBS günstigere Konditionen bei der Kreditaufnahme anbieten zu
können, wird von den Kreditinstituten die Gewährung einer Bürgschaft durch die
Gemeinde Salzbergen vorausgesetzt.
Die Kommune darf nach § 121 Abs.2 NKomVG Bürgschaften und
Verpflichtungen nur im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben übernehmen. Diese
Rechtsgeschäfte bedürfen der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde.
Gemäß § 121 Abs.4
NKomVG allerdings bedürfen entsprechende Rechtsgeschäfte, die die Kommune zur
Förderung des Städte –und Wohnungsbau eingeht, keiner Genehmigung. Nach
Rücksprache mit der Kommunalaufsicht wurde diese Annahme in diesem Sachverhalt
bestätigt.
Weiterhin ist die Vergabe einer Bürgschaft durch die Gemeinde Salzbergen
an die WBS beihilferechtlich zu bewerten, da hier nicht die Aufsichtsbehörde,
sondern die Kommune selbst verantwortlich für die Bewertung im
beihilferechtlichen Sinne ist. Einschlägig ist hier der Vertrag über die
Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), hier der Artikel 107, zu nennen.
Grundsätzlich verbietet das Europäische Beihilferecht einen
wettbewerbs-verzerrenden Einsatz staatlicher Mittel. Auch die Vergabe einer
Bürgschaft zum Zwecke einer günstigeren Finanzierung für ein Unternehmen gilt
in diesem Sinne als Einsatz staatlicher Mittel. Ebenso kann die WBS aufgrund
ihrer wirtschaftlichen Betätigung unter den Rechtsbegriff „Unternehmen“ fallen
und die Maßnahme einer staatlichen Institution (Kommune) zuzurechnen sein.
Insofern könnte die Bürgschaftsvergabe wie angedacht den Begriff der Beihilfe
erfüllen.
Hier ist somit zu
bewerten, welche „Rechtfertigung“ vorliegt, um keine Notifizierung bei der
EU-Kommission einholen zu müssen.
Folgende Punkte
sprechen nach eingehender Prüfung aus Sicht der Gemeinde Salzbergen gegen die
Einordnung der o.a. Bürgschaft als Beihilfe im Sinne des EU-Beihilfebegriffes:
- Die Bürgschaft begünstigt nicht den
Kreditgeber.
- Die Bürgschaft ist an eine bestimmte
finanzielle Transaktion geknüpft (Finanzierung von Erwerb und Erschließung
von Grundstücken im Gemeindegebiet Salzbergen zum Zwecke der
Wohnbebauung), auf einen festen Höchstbetrag beschränkt (insg. 8,0 Mio €)
und ist von beschränkter Laufzeit (10 Jahre).
- Die Bürgschaftshöhe übersteigt nicht 80
% des Finanzierungsvolumens.
- Wenn nicht die WBS gem. ihrem
Gesellschaftszweck die Vermarktung (Grundstückskauf, Erschließung, etc.)
durchführen würde, hätte die Gemeinde zu diesem Zwecke auch Dritten eine
entsprechende Bürgschaft gewährt (siehe Beispiel NLG)
- Die Maßnahme „Vergabe der Bürgschaft“
an die WBS stellt auch für die Kommune selbst die wirtschaftlich optimale
Handlungsoption dar, da ein jährlicher Verlustausgleich der WBS von der
Kommune zu tragen ist und durch die vergünstigte Darlehensaufnahme
gemindert werden kann.
- Eine Wettbewerbsverfälschung (i.S.v.
Handelsbeeinträchtigung zwischen den Mitgliedsstaaten) wird durch die
Maßnahme (Bürgschaft) ausgeschlossen, da hier zunächst ein Vorhaben mit
rein lokalen Auswirkungen durchgeführt wird, welches sich nicht auf den
Handel innerhalb der EU auswirkt.
- Die WBS bieten die „Dienstleistung“
(gem. Gesellschaftszweck) nur in einem geografisch begrenzten Gebiet
(Gemeindegebiet Salzbergen) an.
- Die Maßnahme hat aus Sicht der
Gemeinde zum jetzigen Zeitpunkt keine Auswirkungen auf
grenzüberschreitende Investitionen in diesem Sektor bzw. auf die Gründung
von Unternehmen im Binnenmarkt.
- In der weiteren Fortführung der
Maßnahme (hier: Erschließung und auch spätere private Bebauung) kann
sogar der Wettbewerb (auch zwischen den Mitgliedsstaaten, z.B.
Niederlande) gefördert werden, da im Rahmen von Ausschreibungen auch die
Beteiligung von internationalen Firmen möglich ist.
Aufgrund der aufgeführten Argumentation bewertet die Gemeinde Salzbergen
die vorgesehene Bürgschaftsvergabe unter der formellen Voraussetzung der
Beteiligung der nach NKomVG vorgesehenen Gremien als nicht
notifizierungspflichtig. Die potentiellen Darlehensgeber teilen nach
vorgelegter Argumentation diese Annahme.
Nach § 58, Abs.1,
Nr. 16 ist die Vertretung für die Vergabe von Bürgschaften zuständig.
Stellungnahme der Kämmerei:
Da nach bestehender
Kalkulation mit einer wirtschaftlichen Vermarktung der Baugrundstücke zu
rechnen ist, besteht nach Ansicht der Kämmerei ein äußerst geringes Risiko,
dass die Gemeinde zum Eintritt in die Bürgschaft herangezogen wird.
Beschlussempfehlung:
Der Rat der Gemeinde Salzbergen beschließt die Übernahme einer Bürgschaft über 2.400.000 € (80% von 3,0 Mio Darlehenssumme) zur Absicherung eines durch die WBS aufgenommenen Darlehens zugunsten der Volksbank Süd-Emsland e.G.