Sitzung: 29.11.2017 Ortsrat Holsten-Bexten
Vorlage: BV/090/2017
1. Auflösung des Touristikverband Emsland e.V., Liquidation der Emsland
Touristik
GmbH und Neugründung einer Tourismusförderungsgesellschaft des
Landkreises
Fachbereichsleiter Rausing führt aus, dass der seit 1992 bestehende
Touristikverband Emsland e.V. (im Folgenden: TVEL) von seinen Mitgliedern - den
19 Städten, Samt- und Einheitsgemeinden, neun Verkehrsvereinen und derzeit 125
privaten Betrieben - getragen und ist somit als öffentlich-private
Partnerschaft organisiert wird.
Seit 1997 trägt der TVEL als Gesellschafter die durch den Landkreis
Emsland bezuschusste Emsland Touristik GmbH (im Folgenden: ELT).
Aufgrund der Novellierung des EU-Beihilferechts seit 2012 und des
Vergaberechts in 2016 wurde eine gutachterliche Überprüfung auf etwaige
unerlaubte EU-Beihilfen und auf die vergaberechtliche Konformität der
Organisationseinheiten TVEL und ELT vorgenommen.
Die Überprüfung kam zu dem Ergebnis, dass bei der gebotenen vorsichtigen
Auslegung beihilfe- und vergaberelevante Sachverhalte vorliegen.
Beihilferechtlich sind demnach die Zuführungen von Mitteln aus öffentlichen
Kassen – sei es in Form von Zuschüssen im Falle des Landkreises Emsland an die
ELT oder in Form von Mitgliedsbeiträgen der Städte-, Gemeinden und
Samtgemeinden an den TVEL - durch sog. Betrauungsakte zu legitimieren.
Vergaberechtlich können die öffentlichen Mittel in der gegebenen
Größenordnung an eine öffentlich- private Partnerschaft nur noch im Rahmen
einer europaweiten Ausschreibung zugeführt werden, soweit die handelnden
Organisationen sich nicht als Einrichtungen des öffentlichen Rechts auf
vergaberechtlich privilegierte Inhouse-Geschäfte beschränken. Um nachhaltig,
zukunftsorientiert und rechtskonform handeln zu können, ist deshalb eine
Neuorganisation des Gebildes TVEL/ELT unabdingbar.
Ziel der Neuorganisation ist es, einerseits sowohl die bewährte
Zusammenarbeit zwischen dem Landkreis Emsland und seinen 19 Städten, Samt- und
Einheitsgemeinden zu erhalten als auch die Tourismusarbeit weiterhin mit den
Bedürfnissen der Privatwirtschaft abzustimmen und andererseits, den dafür
infolge der aktuellen EU-Regelungen zu leistenden bürokratischen Aufwand
möglichst weit zu minimieren. Die mit der Kreisverwaltung abgestimmten
gutachterlichen Empfehlungen sehen vor,
das Gebilde TVEL/ELT aufzulösen, zuvor eine neue Gesellschaft zur
Förderung des Emsland Tourismus in der Rechtsform einer GmbH zu gründen, die im
alleinigen Besitz des Landkreises Emsland ist,
das bisherige finanzielle Engagement der Städte und Gemeinden auf der
Grundlage einer sog. Zweckvereinbarung in eine neue
„Radinfrastrukturgemeinschaft Emsland“ zu überführen und die bisherige
Beteiligung sowohl der Städte und Gemeinden als auch der Privaten an der
regionalen Tourismusarbeit durch eine nur leicht modifizierte Gremienstruktur
nicht nur zu erhalten, sondern zu erweitern. Vorgesehen ist, an der
Neugesellschaft neben der Gesellschafterversammlung auch die Bildung eines
Beirates, welcher aus Vertretern des Landkreis Emsland, fünf Bürgermeistern des
Emslandes und fünf Vertretern der emsländischen Tourismuswirtschaft bestehen
soll und daher mit dem derzeitigen TVEL-Vorstand weitgehend identisch sein
wird, einzurichten. Darüber hinaus wird das bisherige Gremium „Werbeausschuss“
des TVEL mit den Tourismus-Vertretern der emsländischen Städte und Gemeinden in
bewährter Weise fortgeführt.
Eine derartige Neuorganisation ermöglicht es, hinsichtlich des
Vergaberechts die Zuschüsse des Landkreises auch weiterhin ohne europaweite
Ausschreibungen im Rahmen einer sog. „Inhouse-Vergabe“ an die neue
Tourismusförderungsgesellschaft zu leiten, beihilfenrechtlich die Zuweisung der
öffentlichen Mittel lediglich durch den anzupassenden Betrauungsakt des
Landkreises an die ELT zu legitimieren, ohne dass zusätzlich weitere
Betrauungsakte in allen 19 Städten, Samt- und Einheitsgemeinden zu beschließen
sind, die derzeit noch dezentral organisierte Pflege und Weiterentwicklung des
Radwegenetzes im Emsland neu zu organisieren, zu optimieren und die Städte und
Gemeinden dabei zu entlasten und unabhängig von Mitgliedschaften und
Mitgliederinteressen auch der gesamten Privatwirtschaft vollständig eine
Beteiligung an der regionalen Tourismusarbeit anzubieten.
2. Zweckvereinbarung über die „Radinfrastrukturgemeinschaft
Emsland“
Radtouristisch konnte sich das Emsland innerhalb von zwei Jahrzehnten
eine Spitzenposition im deutschen Fahrradtourismus erarbeiten. Das emsländische
Radwegenetz umfasst derzeit insgesamt rund 3.500 km einheitlich
ausgeschilderter Radwege nach bundesweitem Standard.
Integriert wurden darin zunächst die 330 km lange Emsland-Route und als
weitere Fernradwege jeweils mit ihren emsländischen Teilabschnitten der
Emsradweg, die Rad-Route Dortmund-Ems-Kanal, die Hase-Ems-Tour, der
Geest-Radweg, die Radroute der Megalithkultur und die United Countries Tour. Im
Zeitraum von 2009 bis 2014 wurden die lokalen Radrouten mit Fördergeldern aus
dem LEADER-Programm überarbeitet und in das einheitliche Radwegenetz
integriert, so dass im Ergebnis derzeit 45 thematische Radrouten zwischen
jeweils 15 und 75 km Länge angeboten werden können.
Das gesamte Radwegenetz ist bislang in einem digitalen Kataster erfasst,
das durch ein beauftragtes externes Ingenieurbüro betrieben wird. Insgesamt
existieren 4.200 Wegweiser-Standorte mit 2.250 Richtungswegweisern, 6.000
Pfosten und 7.000 Zwischenwegweisern. Um das umfassende und qualitativ
hochwertige Radwegenetz des Emslandes zu erhalten, sind ein langfristig
ausgerichtetes und funktionierendes Wegweisungsmanagement mit einer intensiven
Radroutenpflege unabdingbar. Aktuell obliegt die Pflege der o.a. Fernradwege
der ELT, während sich die Städte und Gemeinden verpflichtet haben, ihre
örtlichen Routen selbst zu pflegen.
Zur Entlastung der Gemeinden und für eine bessere Steuerung der
Instandhaltung des Radwegenetzes sollen die bestehenden Aufgaben im Rahmen der
Zweckvereinbarung „Radinfrastrukturgemeinschaft Emsland“ (s. Anlage 1: Entwurf)
gebündelt und optimiert werden. Die zu übernehmenden Aufgaben sind darin
detailliert in § 1, Abs. 2 und 3 beschrieben. Die Durchführung der gemeinsamen
Aufgabe im Interesse aller Vertragsparteien soll von der neuen Gesellschaft zur
Förderung des Emsland Tourismus (GFELT) als Koordinierungsstelle im Landkreis
Emsland übernommen werden.
Für die Rechtswirksamkeit der „Zweckvereinbarung über die
Radinfrastrukturgemeinschaft Emsland“ sind folgende gesetzliche Bestimmungen zu
beachten:
Gem. § 58 Abs. 1 Ziffer 17 NKomVG muss die öffentlich-rechtliche
Vereinbarung in den Vertretungen der 19 emsländischen Städte, Einheits- und
Samtgemeinden sowie vom Kreistag des Landkreises Emsland beschlossen werden.
Dieses deshalb, weil die Zweckvereinbarung die Übertragung der (freiwilligen)
Aufgabe „Förderung, Entwicklung und Vermarktung des Fahrradtourismus im
Emsland“ zum Inhalt und damit in die Zuständigkeitskompetenzzuweisung der
jeweiligen Vertretungsgremien der öffentlichrechtlichen Partner der
Zweckvereinbarung fällt.
Gem. § 2 Abs. 5 NKomZG ist die Vereinbarung der jeweilig zuständigen
Kommunalaufsichtsbehörde (Nieders. Innenministerium bzw. dem Landkreis Emsland
gegenüber) anzuzeigen.
Nach § 5 Abs. 6 NKomZG haben die Kommunen die Vereinbarung nach den für
ihre Satzungen geltenden Vorschriften im Amtsblatt des Landkreises öffentlich
bekanntzumachen. Die Zweckvereinbarung wird am Tag nach der letzten
Bekanntmachung wirksam, wenn nicht ein anderer Zeitpunkt vereinbart ist.
3. Zeitliche Planung
Die öffentliche Kommunikation und Beschlussfassung seitens des
Landkreises Emsland soll mit der Sitzung des Ausschusses für Kultur und
Tourismus am 12. September 2017 beginnen. Anschließend sind die
Beschlussfassungen im Kreisausschuss und am 26. September 2017 im Kreistag
vorgesehen. Parallel sollte der Gremienlauf durch die 19 Städte, Samt- und
Einheitsgemeinden anlaufen und bis Ende Oktober 2017 abgeschlossen sein.
Die Auflösung des TVEL und die Liquidation der ELT sollen vollständig
bis Mitte 2018 erfolgen.
Die Neugründung der GFELT soll zum 01.01.2018 realisiert werden.
Aufgrund der Eilbedürftigkeit hat der Rat der Gemeinde Salzbergen der Zweckvereinbarung bereits zugestimmt.